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2021 - und jetzt?
„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“
Text: Bettina Bichsel
Wenn ein altes Jahr dem neuen weicht, liegt immer etwas Besonderes in der Luft. Ähnlich dem, was Hermann Hesse in seinem Gedicht „Stufen“ schreibt: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Wir blicken voller Zuversicht nach vorn, alles scheint möglich. Nun ja, spätestens seit der jüngsten Konferenz von Bund und Ländern ist klar, dass sich außer der Jahreszahl nicht so rasch etwas ändern wird. Was also kann uns helfen, trotz allem positiv zu bleiben?
Vor einiger Zeit spazierte (was sonst?) ich an einem Fenster vorbei, an dem auf einem an die Scheibe gehefteten Papier folgende Worte geschrieben waren: „Wenn alles wegfällt, was bleibt dann übrig? Das Wesentliche. Wir dürfen nun herausfinden, was das ist. (Susanne Kaloff)“. Seither erinnere ich mich immer wieder daran, vor allem, wenn die Sehnsucht nach Normalität bzw. nach der Rückkehr zu einem Leben ohne Corona lauter wird. Was ist es, das Wesentliche, das uns glücklich und zufrieden sein lässt, wenn wir unsere Tage nicht mehr mit tausend Aktivitäten füllen können?
Entschleunigung scheint auf jeden Fall das Motto der vergangenen (und bevorstehenden) Wochen und Monate. Und haben sich nicht vor Corona so manche Stressgeplagte genau danach gesehnt? Manager suchten Auszeiten im Kloster oder auf der Alp. Yogatrainings und Achtsamkeitsseminare wurden gebucht, Mediations-Apps heruntergeladen, Simply-your-Life-Bücher gekauft und im Fernsehen konnte man sich von Marie Kondo erklären lassen, wie man nicht nur den eigenen Kleiderschrank, sondern sein ganzes Leben aufräumt.
Warum also macht uns die durch das Virus auferlegte Entschleunigung nicht automatisch glücklich? In erste Linie wohl gerade deshalb, weil sie eben nicht selbstbestimmt, nicht aus eigenem Antrieb gewählt wurde. Aber auch, weil die Entschleunigung mit massiver Unsicherheit verbunden ist, was es selbstredend schwieriger macht, sie auch wirklich zu genießen. Und vielleicht nicht zuletzt, weil – wenn man ehrlich ist – die Entschleunigung zumindest nicht automatisch das erhoffte Seelenheil bereithält. Nicht von ungefähr war es verlockend, den Ablenkungsmöglichkeiten unserer modernen Vor-Corona-Zeit nachzugeben. Frei gewordene Zeit führt schnell zu Langeweile. Und diese auszuhalten will gelernt sein. Dann kann sie zur Muße werden, wie auch der dänische Philosoph Søren Kierkegaard festhielt: „An sich ist Müßiggang durchaus nicht Wurzel allen Übels, sondern ist, im Gegenteil, ein geradezu göttliches Leben, solange man sich nicht langweilt.“ Worin also finden Sie Muße?